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Kopfschmerzerkrankungen in der Bundeswehr:​ Phänotypen,​ dienstliche Auswirkungen und Perspektiven der medizinischen Versorgung






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Kopfschmerzerkrankungen in der Bundeswehr:
Phänotypen, dienstliche Auswirkungen und Perspektiven der medizinischen Versorgung

Headache Disorders in the Bundeswehr:
Phenotypes, Operational Impact, and Evolving Perspectives in Medical Care

Ursula Müllera,b, Hanno Wittec, Katja Heinze-Kuhnb, Axel Heinzeb, Anna Cirkelb,e, Hartmut Göbelb, Carl H. Göbelb,d

a Klinik für Neurologie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm

b Schmerzklinik Kiel, Migräne- und Kopfschmerzzentrum, Kiel

c Klinik für Innere Medizin, Bundeswehrkrankenhaus Ulm

d Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

e Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck

Zusammenfassung

Kopfschmerzerkrankungen, insbesondere Migräne, betreffen vor allem junge Erwachsene und können die Dienstfähigkeit und Einsatzbereitschaft von Soldatinnen und Soldaten erheblich beeinträchtigen. Daten zur krankheitsbedingten Beeinträchtigung, Relevanz für die Dienstfähigkeit und zur Versorgungssituation von Kopfschmerzbetroffenen in der Bundeswehr waren bislang nicht verfügbar.

Im Rahmen einer bundesweiten, anonymen Online-Querschnittsanalyse wurden zwischen Mai und Juli 2023 sowohl Soldatinnen und Soldaten (n =  914) als auch truppenärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte (n = 90) befragt. Erfasst wurden die Kopfschmerzphänotypen gemäß der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD-3), die dienstliche Beeinträchtigung gemäß MIDAS-Score sowie diagnostische und strukturelle Aspekte der medizinischen Versorgung, sowohl aus Sicht der betroffenen Soldatinnen und Soldaten als auch der behandelnden truppenärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzte.

56,4  % der teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten erfüllten die Kriterien für Migräne oder wahrscheinliche Migräne, 26,5 % für Spannungskopfschmerz und 4,1 % für Clusterkopfschmerz. Über ein Drittel der Betroffenen erreichte im MIDAS-Score eine mittlere bis schwere Beeinträchtigung. Innerhalb von drei Monaten gingen 5 258 Arbeitstage durch Kopfschmerzen verloren. 61,0 % der Betroffenen hatten bisher keine formale Diagnose. Nur 27,3 % der Migränepatienten erhielten eine prophylaktische Medikation. Die Truppenärztinnen und -ärzte berichteten über eine hohe diagnostische Sicherheit bei Migräne und Spannungskopfschmerz, jedoch Unsicherheiten bei Cluster- und Medikamentenübergebrauchskopfschmerz. Eine medikamentöse Prophylaxe bei beeinträchtigenden Kopfschmerzen werde nur von 27,8 % regelmäßig initiiert. Die Analysen der Versorgungssituation weisen auf strukturelle Defizite hin, u. a. fehlende SOPs, eingeschränkte fachärztliche Mitbehandlung und begrenzte nicht-medikamentöse Angebote.Kopfschmerzerkrankungen in der Bundeswehr führen bei den Betroffenen zu ausgeprägtem Leidensdruck, erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten und einer Unterversorgung.

Zur Sicherung der Dienst- und Einsatzfähigkeit sind erforderlich: Früherkennung und standardisierte Diagnostik von Kopfschmerzerkrankungen, leitliniengerechte Akuttherapie und Prophylaxe, Ausbau praxisnaher Fortbildungen, Verbesserung der fachärztlichen Mitbehandlung durch gezielte Überweisungspfade und telemedizinische Unterstützung. Eine adäquate und leit­linienkonforme Behandlung von Soldatinnen und Soldaten mit Kopfschmerzerkrankungen sollte als ein fester Bestandteil der truppenärztlichen medizinischen Versorgung und Einsatzmedizin etabliert werden.

Schlüsselworte: Migräne, Spannungskopfschmerz, Clusterkopfschmerz, Bundeswehr, ICHD-3, MIDAS, Beeinträchtigung, Einsatzbereitschaft, Truppenärzte, Versorgung

Summary

Headache disorders, particularly migraine, predominantly affect young adults and can substantially compromise the operational readiness of active military personnel. Reliable data on disease-related impairment, relevance for fitness for duty, and the current state of care in the Bundeswehr have previously been lacking.

Between May and July 2023, a nationwide, anonymous online cross-sectional survey was conducted among soldiers (n = 914) and primary-care military physicians (n =  90). Headache phenotypes were classified according to the International Classification of Headache Disorders (ICHD3). Service-related impairment was ­assessed using the Migraine Disability Assessment (MIDAS) score. Diagnostic patterns and structural aspects of medical care were evaluated from both soldiers’ and military physicians’ perspectives.

56.4 % of soldiers met the criteria for migraine or probable migraine, 26.5 % for tension-type headache, and 4.1 % for cluster headache. Over one-third of affected soldiers reported moderate to severe MIDAS-related disability, corresponding to 5,258 workdays lost within three months. 61.0 % of those affected had never received a formal diagnosis of headaches. Only 27.3 % of migraine patients reported use of preventive medication. Military physicians reported high diagnostic confidence for migraine and tension-type headache but noted uncertainty regarding cluster headache and medication-overuse headache. Preventive therapy for disabling headaches is routinely initiated by only 27.8 % of physicians. Analysis of the care situation revealed structural limitations, including the absence of standardized operating procedures (SOPs), restricted access to specialist referrals, and limited non-pharmacological treatment options.

Headache disorders in the Bundeswehr are associated with substantial individual suffering, significant work and duty loss, and remain underdiagnosed and undertreated. Ensuring operational readiness requires: Early detection and standardized diagnosis, a guideline-based acute and preventive therapy, structured training for military physicians, and improved access to specialist care through targeted referral pathways and support by telemedicine. Integrating comprehensive, guideline-based headache management into primary military medical care and tactical medicine is crucial for maintaining operational readiness.

Keywords: migraine; tension-type headache; cluster headache; Bundeswehr; ICHD3; MIDAS; disability; operational readiness; military medicine

Einleitung und Hintergrund

Kopfschmerzerkrankungen gehören zu den häufigsten neurologischen Beschwerden und betreffen insbesondere junge Erwachsene in ihrer aktivsten Lebensphase [7][28][29]. Migräne und Spannungskopfschmerzen sind dabei nicht nur ein individuelles Gesundheitsproblem, sondern wirken sich auch unmittelbar auf den Dienstalltag und die Einsatzbereitschaft aus. Gerade in militärischen Strukturen, in denen körperliche und psychische Belastbarkeit von zentraler Bedeutung sind, können akute Schmerzattacken oder chronische Erkrankungsverläufe zu erheblichen Leistungseinbußen führen.

Migräne und andere Kopfschmerzerkrankungen betreffen überwiegend junge Erwachsene, wobei die höchste Prävalenz im vierten Lebensjahrzehnt auftritt [7][14][22][23][28][29]. Weltweit rangiert die Migräne nach dem Schlaganfall an zweiter Stelle unter den führenden neurologischen Ursachen für verlorene Lebensjahre mit Behinderung (YLD, years lived with disability) [7][9][28][29]. Über alle Altersgruppen und Geschlechter hinweg ist sie die zweithäufigste Ursache für Behinderung, bei jungen Frauen steht sie sogar an erster Stelle [9][26].

Kopfschmerzerkrankungen im militärischen Kontext

Kopfschmerzerkrankungen, insbesondere Migräne, sind besonders in militärischen Populationen weltweit ein relevantes Gesundheitsproblem. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben zahlreiche internationale Studien gezeigt, dass Migräne nicht nur zu den am häufigsten diagnostizierten neurologischen Erkrankungen bei aktiv dienenden Soldatinnen und Soldaten gehört, sondern auch zu den folgenreichsten in Bezug auf Diensttauglichkeit, operative Einsatzbereitschaft und langfristige Gesundheitsfolgen [1–6][8][10][11][15–21][24][25][30–32]. Besonders bedeutsam ist die Migräne im Kontext posttraumatischer Kopfschmerzen (PTH) nach leichten Schädel-Hirn-Traumata (mild TBI), wie sie bei militärischen Einsätzen häufig auftreten. Systematische Analysen in den US-Streitkräften zeigten, dass Migräne-ähnliche Kopfschmerzen den häufigsten Subtyp posttraumatischer Kopfschmerzen darstellen, mit Prävalenzen zwischen 33 % und 92 % [20]. Retrospektive Untersuchungen belegten, dass weniger die Diagnose „Migräne“ selbst, sondern vor allem Dauer und Persistenz der Schmerzen über die weitere Dienstfähigkeit entscheiden. Soldaten mit persistierenden Kopfschmerzen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Dienstunfähigkeit und Entlassung, unabhängig von der genauen Kopfschmerzklassifikation [11].

Fliegendes Personal

Besonders kritisch ist die Situation für fliegendes Personal. Studien an Piloten und Fliegerärzten der US Air Force zeigten, dass Migräne mit Aura und isolierte Aura-Episoden ohne Kopfschmerz häufig auftreten und trotz überwiegend erhaltener Flugtauglichkeit ein relevantes Risiko für die Flugsicherheit sind [17]. Retrospektive Analysen bei Army- und Air-Force-Piloten identifizierten Migräne als einen der häufigsten Gründe für permanente Fluguntauglichkeit, teils noch vor posttraumatischen Belastungsstörungen. Selbst seltene Migräneattacken, insbesondere mit Aura, können für das fliegende Personal zu temporären oder dauerhaften Einschränkungen führen, da flugmedizinische Richtlinien neurologische Symptome mit plötzlichem Funktionsausfall als hoch relevant für die Einsatzfähigkeit bewerten [19][21].

Komorbiditäten

Ein weiteres zentrales Thema ist die enge Verknüpfung von Kopfschmerzen mit psychischen Komorbiditäten. Studien aus den USA, Kanada und Israel zeigen, dass Migräne in militärischen Populationen häufig gemeinsam mit PTSD, Depressionen oder Angststörungen auftritt und diese Komorbiditäten den Funktionsverlust stärker vorhersagen als die Kopfschmerzintensität allein. Diese psychophysischen Wechselwirkungen sind ein wesentlicher Faktor für die Chronifizierung und die Reduktion der Einsatzbereitschaft [3][25][32].

Relevanz im Einsatz

Auch in Einsatz- und Kampfgebieten ist die Relevanz von Kopfschmerzen hoch. Eine Analyse der Aufnahmen im britischen Feldhospital Camp Bastion in Afghanistan zeigte, dass Migräne zu den zehn häufigsten Diagnosen gehörte und sogar häufiger auftrat als einige kardiovaskuläre Erkrankungen [8]. US-amerikanische Daten belegen, dass Kampfeinsätze mit Feindkontakt das Risiko für Migräne deutlich erhöhen und dass bis zu 40–45 % dieser Zunahme auf Schlafstörungen, psychischen Stress und einsatzbedingte Verletzungen zurückzuführen sind [4][18]. Insbesondere Soldatinnen entwickeln nach Mehrfacheinsätzen eine höhere Migräneprävalenz, wie auch ein häufigeres Auftreten von PTSD und muskuloskelettalen Erkrankungen [1].

Prävalenz von Kopfschmerzen in Streitkräften

Langzeitdaten der US-Streitkräfte zeigen zudem eine stetige Zunahme von Migräne- und Kopfschmerzdiagnosen in den letzten Jahrzehnten, mit ausgeprägten Geschlechtsunterschieden. Soldatinnen weisen höhere Prävalenzen, mehr ambulante Konsultationen und eine intensivere Behandlungsfrequenz auf als ihre männlichen Kameraden [1][2]. Bei evakuierten Soldaten aus Einsatzgebieten wie Irak und Afghanistan lag die Return-to-Duty-Rate trotz Behandlung häufig unter 40 %, insbesondere bei posttraumatischen Kopfschmerzen und Migräne. Negative Prädiktoren waren Aura, begleitendes Schädel-Hirn-Trauma, Opioid- oder Betablocker-Therapie sowie psychiatrische Komorbiditäten [5][10].

Die vorliegenden internationalen Studien verdeutlichen somit, dass Migräne und andere Kopfschmerzerkrankungen im militärischen Kontext nicht nur eine hohe Prävalenz haben, sondern auch eine erhebliche operative und strategische Relevanz besitzen. Sie beeinflussen Einsatzfähigkeit, Flug- und Diensttauglichkeit, verursachen signifikante Ressourcenbindung und stehen in enger Wechselwirkung mit psychischen Belastungen. Eine frühzeitige Diagnostik, die Berücksichtigung psychophysischer Zusammenhänge und die Implementierung multimodaler Therapieansätze sind daher entscheidend, um die Einsatzbereitschaft zu erhalten und langfristige Dienstunfähigkeit zu vermeiden.

Kopfschmerzerkrankungen in der Bundeswehr

Es ist anzunehmen, dass auch für die Bundeswehr, die mit rund 183 000 aktiven Soldatinnen und Soldaten über ein breites Einsatzspektrum im In- und Ausland verfügt, Kopfschmerzerkrankungen von erheblicher Bedeutung sind. Bislang fehlten jedoch systematische Daten zum Auftreten, zu den Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit und zur medizinischen Versorgungssituation von Kopfschmerzbetroffenen. Primäre Kopfschmerzerkrankungen und deren Folgen könnten eine relevante Herausforderung für die truppenärztliche Versorgung und die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft sein.

Vor dem Hintergrund der hohen Prävalenz von Kopfschmerzerkrankungen und deren potenzieller Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Truppe verfolgte die vorliegende Untersuchung das Ziel, das Auftreten und die Auswirkungen von Kopfschmerzen bei Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr systematisch zu erfassen. Darüber hinaus wurde die Versorgungssituation sowohl aus Sicht der Soldatinnen und Soldaten als auch aus Perspektive der behandelnden Truppenärztinnen und -ärzte analysiert. Auf Basis dieser Erkenntnisse sollten praxisnahe Handlungsempfehlungen für die Diagnostik, Therapie und Versorgung von Kopfschmerzpatientinnen und -patienten im militärischen Kontext der Bundeswehr abgeleitet werden, um die Funktionsfähigkeit und Einsatzbereitschaft langfristig zu sichern. Die Ergebnisse werden hier zusammenfassend berichtet; die vollständigen Analysen und methodischen Details sind in den Publikationen von Göbel et al. [12][13] beschrieben.

Methoden

Studienaufbau und Zielsetzung

Die Untersuchung wurde als Querschnitts-Onlinebefragung im Zeitraum vom 15. Mai bis 31. Juli 2023 durchgeführt. Ziel war es, die klinischen Charakteristika, kopfschmerzbedingten Beeinträchtigungen und dienstlichen Auswirkungen sowie die diagnostische und therapeutische Versorgung von Kopfschmerzerkrankungen bei Soldatinnen und Soldaten systematisch zu erfassen. Ergänzend sollte die Perspektive der truppenärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzte einbezogen werden, um Anforderungen, Herausforderungen und Versorgungslücken in der Versorgung von Kopfschmerzbetroffenen in der Bundeswehr zu identifizieren.

Die Studie bestand aus zwei komplementären Teilen:

1. Soldatenbefragung:

Eingeschlossen waren alle aktiven Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Alter von 18 bis 65 Jahren. Die Rekrutierung erfolgte über die regionalen Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr (7 Sanitätsunterstützungszentren, 120 Sanitätsversorgungszentren, 10 Außenstellen). Informationsflyer mit QR-Codes wurden vor Ort ausgelegt und in den Einheiten verteilt. Erinnerungsschreiben und die erneute Zusendung per E-Mail an die Leiter der Sanitätseinrichtungen erfolgten in der 7. und 9. Woche der Erhebungsphase.

2. Truppenarztbefragung:

Die Befragung richtete sich an alle aktuell in der Bundeswehr tätigen Ärztinnen und Ärzte der truppenärztlichen Versorgung. Diese wurden über dasselbe Informationsschreiben, das im Zusammenhang mit der Soldatenbefragung an die Sanitätseinrichtungen versendet wurde, mit einem entsprechenden Hinweis und separatem Link und QR-Code zur Teilnahme eingeladen.

Die Teilnahme war freiwillig und anonym. Ein Abbruch war bis zum Absenden des Fragebogens jederzeit möglich; eine nachträgliche Rücknahme war aus Datenschutzgründen nicht mehr möglich.

Ethik und Datenschutz

Die Umfrage wurde als wehrmedizinisches Sonderforschungsvorhaben durch das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (Kennziffer 48K3-S-33 2323) genehmigt und von der Ethikkommission der Universität Kiel (AZ: D 453/23) zustimmend bewertet. Die Studie erfolgte im Einklang mit der Deklaration von Helsinki sowie den geltenden nationalen Datenschutzbestimmungen.

In einem der Online-Umfrage vorgeschalteten einleitenden Text wurden die Teilnehmenden umfassend über Zweck, Umfang, Freiwilligkeit und Anonymität der Studie und Datenschutzaspekte informiert. Die Zustimmung erfolgte elektronisch durch das Klicken des „Weiter“-Buttons. Es wurden keine personenbezogenen Daten erhoben; die Auswertung erfolgte vollständig anonymisiert.

Fragebögen und Inhalte

Die Soldatenbefragung umfasste 33 Items:

  • demografische Daten (Alter, Geschlecht, Dienstgradgruppe, Truppenteil, Bundesland, Anzahl der Einsatztage der letzten 12 Monate)
  • Kopfschmerzerleben (Lebenszeit- und12-Monatsprävalenz, Anzahl der Kopfschmerztage in den letzten 30 Tagen)
  • Klassifikation nach ICHD3 für Migräne, Spannungskopfschmerz und Clusterkopfschmerz; Mehrfachangaben waren möglich
  • Häufigkeit von Kopfschmerztagen, Attackencharakteristika, Kopfschmerzphänotypen
  • Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung, erhaltene Diagnosen, medikamentöse Akut- und Prophylaxetherapie
  • Kopfschmerzbedingte Einschränkungen mittels Migraine Disability Assessment Score (MIDAS) [27]
  • Optionale offene Freitextfrage zu wahrgenommenen Versorgungslücken und Verbesserungsvorschlägen für die Versorgung von Betroffenen

Die Truppenärztebefragung bestand aus 15 Items:

  • persönlichen und beruflichen Daten (Alter, Fachrichtung, Jahre der Berufserfahrung)
  • Häufigkeit von Kopfschmerzpatienten in der truppenärztlichen Sprechstunde
  • Fragen zum Wissen zu Kopfschmerzerkrankungen und Sicherheit in der Diagnosestellung
  • Praxis im Umgang und in der Behandlung von Kopfschmerzpatienten, u. a. zum Einsatz von Akuttherapien und prophylaktischen Therapien
  • Einschätzung des Fortbildungsbedarfs
  • Optionale offene Freitextfrage für Vorschläge für eine mögliche Optimierung der Versorgungssituation

Beide Fragebögen wurden von einem multidisziplinären Expertengremium aus Neurologie, Kopfschmerzmedizin und militärischem Gesundheitswesen inhaltlich geprüft und an die Kriterien der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (ICHD3) angepasst.

Datenerhebung und Statistik

Die Online-Erhebung erfolgte über das Online-Umfrageportal Questionstar. Vollständig ausgefüllte Fragebögen wurden exportiert und in Microsoft Excel aufbereitet. Die Analyse umfasste ausschließlich vollständige Datensätze, um die diagnostische Zuverlässigkeit und die Berechnung von MIDAS-Scores sicherzustellen. Es wurden Mittelwerte und Standardabweichungen für kontinuierliche Variablen sowie absolute Zahlen und Prozentsätze für kategoriale Variablen ermittelt.

Ergebnisse

Teilnahme und Demografie

An der Online-Befragung nahmen insgesamt 1 189 Soldatinnen und Soldaten teil. Davon schlossen 914 Teilnehmende (77 %) den Fragebogen vollständig ab. Ergänzend nahmen 90 truppenärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte an der Truppenarztbefragung teil.

Die Soldatenkohorte war überwiegend männlich (63,2 %), das Medianalter betrug 35 Jahre. Die meisten Teilnehmenden waren Berufs- oder Zeitsoldaten, mehr als Viertel gehörten Offiziers- oder Feldwebeldienstgraden an. Rund 11 % der Teilnehmenden hatten in den vergangenen 12 Monaten an Auslandseinsätzen teilgenommen. Alle Teilstreitkräfte waren repräsentiert, wobei knapp 38 % der Teilnehmenden Angehörige des Sanitätsdienstes waren.

Die befragten Truppenärztinnen und -ärzte waren überwiegend unter 45 Jahre alt. Etwa ein Drittel verfügte über weniger als 5, ein Drittel über 5–10 und ein weiteres Drittel über mehr als 10 Jahre Berufserfahrung. Die Teilnehmenden waren mehrheitlich in der Allgemeinmedizin tätig oder befanden sich in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Kein Teilnehmender befand sich in neurologischer Facharztweiterbildung.

Auftreten und Kopfschmerztypen bei Soldatinnen und Soldaten

Von den 914 teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten berichteten 94,9 % über Kopfschmerzen im letzten Jahr. 56,4 % erfüllten die Kriterien für Migräne oder wahrscheinliche Migräne, 26,5 % für Spannungskopfschmerz und 4,1 % für Clusterkopfschmerz. Mehrfachdiagnosen waren häufig: 148 Teilnehmende erfüllten die Diagnosekriterien sowohl für Migräne als auch für Spannungskopfschmerz, 29 für Migräne und Clusterkopfschmerz, 13 für Spannungskopfschmerz und Clusterkopfschmerz.11 Teilnehmende erfüllten die Kriterien aller drei Kopfschmerztypen.

Besonders auffällig war der Einfluss von Auslandseinsätzen auf die Migränehäufigkeit: Unter den 107 Befragten mit Einsatztagen in den vergangenen 12 Monaten berichteten 96,3 % Kopfschmerzen und 29,0 % erfüllten die Migränekriterien. Bei Teilnehmenden mit mehr als 90 Einsatztagen stieg die Migränequote auf 33,3 % an.

Diagnose- und Versorgungslage

Die Analyse der Versorgung führte zu folgenden Ergebnissen:

  • 61,0 % der Betroffenen hatten nie eine formale Kopfschmerzdiagnose erhalten.
  • Nur 38,6 % nahmen jemals ärztliche Hilfe in Anspruch.
  • Nur 27,3 % der Migränepatientinnen und -patienten erhielten eine Prophylaxe.
  • Akuttherapien bestanden überwiegend aus freiverkäuflichen Analgetika (v. a. Ibuprofen, Paracetamol). Triptane wurden von 32,6 % der Migränebetroffenen eingesetzt. Eine Übernutzung (≥10 Einnahmetage/Monat) berichteten 10,6 % der Teilnehmer, eine tägliche Einnahme 0,7 %.

Kopfschmerzbedingte Dienstbeeinträchtigungen

Die Analyse der dienstlichen Einschränkungen zeigte:

  • 63,8 % der 839 Teilnehmer mit Kopfschmerzen im letzten Jahr berichteten mindestens einen Tag mit Arbeitsausfall oder ≥50 % Produktivitätseinbuße in den letzten 3 Monaten.
  • Innerhalb von 3 Monaten gingen 5 258 Arbeitstage durch Kopfschmerzen verloren, das entspricht durchschnittlich 2,1 verlorene Arbeitstage pro Person im Monat.
  • Bei Teilnehmenden mit Migräne lagen die Ausfalltage im Durchschnitt bei 3,9 Tagen/Monat. 41,4 % hatten eine schwere Beeinträchtigung (MIDAS).
  • Clusterkopfschmerzen führten in über der Hälfte der Fälle zu einer schweren Behinderung.

Ergebnisse der Truppenarztbefragung

Die befragten Ärztinnen und Ärzte sahen in der Woche vor der Befragung mehrheitlich 1–5 Kopfschmerzpatientinnen und -patienten, einzelne bis zu 20. Kopfschmerzpatientinnen und -patienten machten 5–10 % des truppenärztlichen Alltags aus.

  • Diagnose: Die Diagnosesicherheit war hoch bei Migräne (83,4 %) und Spannungskopfschmerz (77,8 %), geringer bei Medikamentenübergebrauch (65,5 %) und Clusterkopfschmerz (47,8 %)
  • Therapie: Akuttherapien wurden breit eingesetzt; eine prophylaktische Medikation wurde nur von 27,8 % der Truppenärztinnen und -ärzte regelmäßig initiiert. Die Mehrzahl der Ärztinnen und Ärzte (81,1 %) klärte regelmäßig über nicht-medikamentöse Therapieoptionen (Flüssigkeitszufuhr, Ausdauertraining, Entspannung) auf. Kopfschmerztagebücher wurden von zwei Dritteln häufig genutzt.
  • Strukturelle Hürden: Genannte Probleme waren fehlende SOPs, Zeitmangel und eingeschränkte Überweisungsmöglichkeiten zu militärischen Fachneurologen.
  • Fortbildungsbedarf: 92,2 % der Truppenärztinnen und -ärzte wünschten sich praxisnahe Kopfschmerzschulungen; nur 23,3 % kannten die ICHD3-Klassifikation, 58,9 % die nationalen DGN-Leitlinien.

Verbesserungsvorschläge aus beiden Befragungen

In den Freitextangaben nannten sowohl Soldatinnen und Soldaten als auch Truppenärztinnen und -ärzte konkrete Handlungsfelder:

  • Ernstnehmen und Entstigmatisierung von Kopfschmerzerkrankungen im militärischen Alltag,
  • schnellere und konsequentere Diagnostik mit standardisierten Abläufen (SOPs),
  • verbesserter Zugang zu neurologischen Fachstrukturen und Prophylaxetherapien,
  • Fortbildungsangebote und Aufklärungsmaterial für Betroffene und Sanitätspersonal sowie
  • strukturelle Entlastungen wie weniger Bürokratie bei Medikation, Krankschreibung und Überweisungen.

Die Ergebnisse belegen eine hohe Krankheitslast, ausgeprägte Versorgungslücken und die Notwendigkeit eines strukturierten, leitlinienbasierten Kopfschmerzmanagements zur Sicherung der Dienstfähigkeit und Einsatzbereitschaft.

Diskussion

Die vorliegende Untersuchung ist die erste systematische Analyse zu Kopfschmerzerkrankungen bei Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die sowohl die Perspektive der Betroffenen als auch die der truppenärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzte einbezieht. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Krankheitslast, eine deutliche Unterdiagnostik und Untertherapie sowie strukturelle Defizite in der Versorgung, die unmittelbare Auswirkungen auf Dienstfähigkeit und Einsatzbereitschaft haben.

Starke dienstliche Beeinträchtigung

Fast 95 % der teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten berichteten über Kopfschmerzen im letzten Jahr, mehr als die Hälfte erfüllte die Kriterien für Migräne oder wahrscheinliche Migräne. Auffällig war die nahezu ausgeglichene Geschlechterverteilung bei Migräne – ein Befund, der von dem in der Allgemeinbevölkerung üblichen Verhältnis von etwa drei zu eins zugunsten der Frauen abweicht, jedoch mit internationalen militärischen Beobachtungen übereinstimmt.

Die dienstliche Beeinträchtigung war erheblich: Im Erhebungszeitraum von drei Monaten gingen über 5 200 Arbeitstage verloren, und mehr als ein Drittel der Betroffenen erreichte im MIDAS-Score eine mittlere bis schwere Beeinträchtigung. Einzelne Teilnehmende berichteten über eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit, insbesondere bei chronischer Migräne oder Clusterkopfschmerz.

Therapiebarrieren

Trotz dieser Belastung hatten 61,0 % der Betroffenen nie eine formale Kopfschmerzdiagnose erhalten, und nur 38,6 % hatten jemals ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Prophylaktische Therapien wurden in weniger als einem Drittel der Fälle eingesetzt – selbst bei chronischer Migräne oder schwerer Beeinträchtigung. Medikamente zur Akutbehandlung von Kopfschmerzen wurden von der Mehrzahl der Betroffenen eingesetzt, häufig als Selbstmedikation mit freiverkäuflichen Analgetika, während Triptane und andere spezifische Migränemedikamente deutlich unterrepräsentiert waren.

Auch die Befragung der Truppenärztinnen und -ärzte verdeutlicht diese Versorgungslücken: Während die Diagnosesicherheit bei Migräne und Spannungskopfschmerz hoch ist, bestehen Unsicherheiten bei Clusterkopfschmerz und Medikamentenübergebrauch. Nur 27,8 % der Truppenärztinnen und -ärzte gaben an, regelmäßig prophylaktische Kopfschmerztherapien einzuleiten. Fehlende SOPs, limitierte Überweisungsmöglichkeiten zu neurologischen Fachärzten, Zeitdruck und personelle Engpässe erschweren die leitliniengerechte Versorgung zusätzlich.

Psychosoziale Dimension und organisatorische Aspekte

Angaben von betroffenen Soldatinnen und Soldaten und behandelnden Truppenärztinnen und -ärzten weisen auf strukturelle und organisatorische Schwächen hin:

  • Kopfschmerzen werden im militärischen Alltag oft nicht ausreichend ernst genommen.
  • Bürokratische Hürden verzögern Diagnostik, Therapie und fachärztliche Überweisungen.
  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen und Präventionsangebote sind nur eingeschränkt verfügbar.

Zudem zeigte sich eine hohe Sensibilität für psychische Begleiterkrankungen. Ein integrativer, biopsychosozialer Ansatz ist daher essenziell.

Handlungsbedarf und Empfehlungen

Die Ergebnisse zeigen acht zentrale Handlungsfelder zur Verbesserung der Kopfschmerzversorgung in der Bundeswehr (Tabelle 1):

Tab. 1: Handlungsempfehlungen für die truppenärztliche Versorgung von Soldatinnen und Soldaten mit Kopfschmerzerkrankungen

  1. Kopfschmerzversorgung als Kernkompetenz der Militärmedizin etablieren, einschließlich Integration in Aus- und Fortbildungsprogramme.
  2. Gezielte Fortbildungsmodule zu seltenen und sekundären Kopfschmerzformen (z. B. Clusterkopfschmerz, Medikamentenübergebrauchskopfschmerz) entwickeln.
  3. Therapeutische Lücke schließen durch Förderung des Einsatzes von medikamentösen Prophylaxen über klare SOPs und Algorithmus-basierte Behandlungspfade, unterstützt durch digitale Lösungen.
  4. Leitlinienbasierte Diagnostik systematisch umsetzen und die praktische Anwendbarkeit in der Routineversorgung sichern.
  5. Ausgeprägtes Fortbildungsinteresse der Truppenärzte (92 %) nutzen, um kontinuierliche, praxisorientierte und leicht zugängliche Trainingsformate anzubieten.
  6. Strukturelle Defizite wie fehlende neurologische Ansprechpartner, schwache Koordination und eingeschränkten Telemedizinzugang durch klare Überweisungspfade und Ausbau der Telemedizin beheben.
  7. Standardisierte Instrumente entwickeln, u. a. SOPs, Kopfschmerztagebücher und Patienteninformationen für die truppenärztliche Praxis.
  8. Systemische Rahmenbedingungen verbessern, z. B. Zeit- und Personalmangel sowie fehlende nicht-medikamentöse Angebote, und Kopfschmerzversorgung strategisch in die militärische Gesundheitsplanung und Ressourcenzuteilung integrieren.

Limitationen

Die Ergebnisse basieren auf freiwilliger Teilnahme und Selbstangaben, so dass ein Selektions- und Erinnerungsbias nicht auszuschließen ist. Die Stichprobe ist nicht repräsentativ für die gesamte Bundeswehr, und die Kopfschmerzdiagnosen wurden auf der Grundlage von Selbstangaben gemäß ICHD3 gestellt. Dennoch bieten die große Fallzahl, die Einbeziehung aller Teilstreitkräfte und die Kombination von Betroffenen- und Arztperspektive wertvolle Einblicke und eine solide Basis für gezielte Verbesserungen in der Versorgung.

Schlussfolgerung

Kopfschmerzerkrankungen – insbesondere Migräne – sind in der Bundeswehr häufig, dienstlich relevant und überwiegend unzureichend behandelt. Die Folgen für Dienstfähigkeit und Einsatzbereitschaft sind erheblich. Eine strukturierte, leitlinienbasierte Versorgung, kombiniert mit Fortbildung, Standardisierung und organisatorischen Anpassungen, ist dringend erforderlich, um die Lebensqualität zu erhöhen, Dienstausfall zu vermeiden und die Einsatzfähigkeit langfristig zu sichern.

Literatur

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Manuskriptdaten

Zitierweise

Müller U, Witte H, Heinze-Kuhn K, Heinze A, Cirkel A, Göbel H, Göbel CH. Kopfschmerzerkrankungen in der Bundeswehr: Phänotypen, dienstliche Auswirkungen und Perspektiven der medizinischen Versorgung. WMM 2025;69(12):556-562.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-783

Für die Verfasser

Flottillenarzt d. R. Dr. med. Ursula Müller, MMHM

Schmerzklinik Kiel

Migräne- und Kopfschmerzzentrum

Heikendorfer Weg 9–27, 24149 Kiel

E-Mail: mueller.ursula@schmerzklinik.de

Manuscript Data

Citation

Müller U, Witte H, Heinze-Kuhn K, Heinze A, Cirkel A, Göbel H, Göbel CH. [Headache Disorders in the Bundeswehr: Phenotypes, Operational Impact, and Evolving Perspectives in Medical Care]. WMM 2025;69(12):556-562.

DOI: https://doi.org/10.48701/opus4-783

For the Authors

Commander (Navy MC Res) Dr. med. Ursula Müller, MMHM

Kiel Center for Pain Medicine

Migraine and Headache Center

Heikendorfer Weg 9–27, 24149 Kiel, Germany

E-Mail: mueller.ursula@schmerzklinik.de

Tagungen und Kongresse PDF

DiMiMED 2025 – „Blut ist menschlicher Treibstoff“

„Wir können die nächste Krise nicht vorhersagen, aber wir können uns auf ein neues Jahrzehnt vorbereiten!“ – mit diesen Worten eröffnete Brigadier (ret) Dr. Erwin Dhondt, ehemaliger Generalarzt der belgischen Streitkräfte, die 13. DiMiMED Conference in Koblenz, die vom 30. September bis zum 1.Oktober 2025 in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle stattfand. Unter dem Leitmotto

„Anticipating the Unknown – Preparing for the Future“

diskutierten rund 200 Teilnehmende aus 24 Ländern über die Zukunft der Katastrophen- und Militärmedizin (Abbildung 1).

DiMiMED ist die Abkürzung für International Conference on Disaster and Military Medicine. Es handelt sich um eine internationale Fachkonferenz, die sich seit 13 Jahren mit Katastrophen- und Militärmedizin befasst. Die Konferenz bringt zivile und militärische Experten zusammen, um Wissen auszutauschen und die medizinische Versorgung in Krisen- und Einsatzsituationen zu verbessern.

„Schauen Sie sich die Welt um uns herum an!“, so Dhondt. „In der Ukraine arbeiten Ärzte unter Raketenangriffen, führen Operationen in Kellern durch, während Krankenhäuser keinen Strom mehr haben. In Gaza gibt es so viele Opfer, dass jede medizinische Handlung zugleich eine ethische Entscheidung ist.“ (Abbildung 2).

Prof. Dr. Andre Cap, Colonel (MC ret) der US-Streitkräfte, zog in seiner Keynote Presentation Parallelen zu Afghanistan und Irak: Dort galt die 1012-Regel – Verwundete sollten innerhalb von zehn Minuten durch Kameraden, binnen einer Stunde durch Sanitäter versorgt und innerhalb von zwei Stunden in ein Krankenhaus gebracht werden. „Wir haben dieses Land mit medi­zinischen Evakuierungskapazitäten praktisch überschwemmt“, erklärte Cap. „Ressourcen, die in der Ukraine nicht zur Verfügung stehen.“ Helikopter-Einsätze sind aufgrund der Drohnenbedrohung nicht möglich, und statt zehn Verwundeter pro Tag sind dort oft 1 000 zu versorgen.

Blut bezeichnete Cap als den entscheidenden „menschlichen Treibstoff“. „Wie Diesel für Fahrzeuge muss die Logistikkette bis an die Frontlinie funktionieren.“ In der Ukraine werden Blutkonserven inzwischen per Drohne direkt bis in den Schützengraben transportiert. Außerdem seien Combat Medics – Soldaten mit erweiterter medizinischer Ausbildung – entscheidend, um Verwundete über Stunden oder sogar Tage hinweg stabil zu halten. Die Ukraine habe dieses Konzept schnell umgesetzt, während westliche Streitkräfte hier Nachholbedarf hätten.

Cap warnte zudem vor bürokratischen Hürden: In der Ukraine wurden Gesetze angepasst, damit Soldaten an der Front Bluttransfusionen durchführen können. In NATO-Staaten könnten hingegen juristische Fragen die Versorgung verzögern.

Ein zentraler Vortragsblock war das Thema „Combat Medical Care“, unter dem Vorsitz von Oberfeldarzt Dr. Florent Josse vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Neben anderen wichtigen Vorträgen beeindruckte besonders Dr. Iryna Rybinkina, Anästhesistin am King’s College Hospital in London (GBR), mit ihrem Bericht über ihre Fronteinsätze in der Ukraine.

Viele Kernfragen der Verwundetenversorgung wurden diskutiert. Daneben widmete sich die DiMiMED 2025 auch Zukunftsthemen wie KI-gestützter Diagnostik, Robotik in der Evakuierung, Resilienztrainings, Cyber- und Informationssicherheit in Krankenhäusern sowie der psychologischen Betreuung von Einsatzkräften und dem Umgang mit Mass-Casualty-Szenarien.

Einer der Höhepunkte der Konferenz war die Vorstellung des neuen „Handbook of Military Medicine for the Battle­field“, herausgegeben von Generalleutnant a. D. Prof. Martin Bricknell, Generalarzt a. D. Dr. Joachim Hoitz und Aleksandar Smiljanic. Es soll als praxisnahes, kompaktes Nachschlagewerk für europäische Streitkräfte dienen, ähnlich wie die US-amerikanischen „Fundamentals of Military Medicine“.

Die DiMiMED 2025 zeigte deutlich: Bewährte Konzepte aus früheren Konflikten reichen nicht mehr aus. Nur durch internationale Zusammenarbeit, praxisnahe Ausbildung, moderne Technologien und mutige regulatorische Reformen kann die Militärmedizin für die Herausforderungen künftiger Konflikte und Krisen fit gemacht werden.

Bilder: CPM-Verlag/S. Schuermann

Navid Linnemann

CPM-Verlag Meckenheim

E-Mail: n.linnemann@cpm-verlag.de

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