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Editorial
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Taktische Medizin
„All for One – Alle für Einen“ – mehr als ein Motto


Taktische Medizin
CMC-Conference 2025 - Programm


Taktische Medizin
Combat Medical Care-Conference 2.​ und 3.​ Juli 2025:​ Main Track Vorträge





















Taktische Medizin
„All for One – alle für ein Ziel“





Taktische Medizin
Zusammenfassung der SOF Medic Meeting-Vorträge der CMC-Conference 2.​ und 3.​ Juli 2025





Wehrpharmazie/​Lebensmittelchemie
Food and Water Defense – Erkenntnisse des Russland-Ukraine-Krieges für die (hoch)mobile Lebensmittel- und Trinkwasseruntersuchung



Höhenmedizin
Abstieg um 2 000 m in fünf Minuten – praxisorientierte Ausbildung in der Höhen-Klima-Simulationsanlage der Luftwaffe




Aus dem Sanitätsdienst
Generalstabsarzt Dr.​ Stephan Schmidt in den Ruhestand verabschiedet
Aus dem Sanitätsdienst
Fünf leitende Mitarbeiter am Bundeswehrkrankenhaus Ulm zu ­außerplanmäßigen Professoren ernannt


Mitteilungen der DGWMP e.​V.​
Geburtstage November-Dezember 2025

Taktische Medizin PDF
„All for One – alle für ein Ziel“

Behördenübergreifender Austausch auf der Combat Medical Care Conference 2025 – Zusammenfassung des TEMS-Symposiums

Sebastian Webera, Florent Jossea,b

a Department AINS, Bundeswehrkrankenhaus Ulm

b Arbeitskreis Taktische Medizinder Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie, Bonn

Am zweiten Tag der Combat Medical Care Conference 2025 fand parallel zur Hauptveranstaltung und dem SOF Medic Meeting auch in dieser Ausgabe das TEMS (Tactical Emergency Medical Services)-Symposium wieder statt. Als eine der drei Säulen der Combat Medical Care Conference dient das exklusive und geschlossene durch die TREMA (Tactical Rescue and Emergency Medicine Association) fachlich geführte Symposium als Treffpunkt und Austauschplattform für alle nicht-militärischen behördlichen, insbesondere polizeilichen, Anwender taktischer Medizin. In 16 Vorträgen, aufgeteilt auf vier Themenblöcke, präsentierten internationale Einsatzkräfte, Experten und Mediziner ihre Erfahrungen, Konzepte und Forschungsergebnisse. Im Anschluss an die Beiträge fand zwischen den 240 Teilnehmenden ein lebhafter Austausch statt.

Die folgenden Zusammenfassungen bieten einen konzentrierten Überblick über die einzelnen Beiträge des TEMS-Symposiums 2025.

Auf der Homepage der Combat Medical Care Conference (www.cmc-conference.de) können weitere Informationen zum gesamten Programms 2025 nachgelesen werden.

1. Session des TEMS-Symposiums

Thorax auf, ja oder nein? Fallbericht einer thorakalen Schussverletzung

Einsatzkommando COBRA und Dr. Mario Krammel (AUT)

Den ersten Themenblock eröffneten ein Vertreter des österreichischen Einsatzkommandos COBRA und Dr. Mario Krammel von der Berufsrettung Wien mit einem Fallbeispiel einer präklinischen Notfallthorakotomie (PERT = prehospital resuscitative emergency thoracotomy, hier als Clamshell-Thorakotomie) bei thorakaler Schusswunde. Der Vortrag gab Einblicke in die taktisch-medizinische Entscheidungsfindung und unterstrich die Bedeutung der sog. „4 E“ als Voraussetzungen für eine derartige invasive Notfallmaßnahme: Expertise, Equipment, Environment, Elapsed Time. Neben den fachlichen Inhalten war dieser geteilte Vortrag ein Paradebeispiel für behördenübergreifende Zusammenarbeit unter extremen Einsatzbedingungen.

Key Messages

  • Clamshell-Thorakotomie ist keine Operation, sondern eine Notfallmaßnahme. im Rahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung (CPR) bei (traumatischem) Herz-Kreislauf-Stillstand.
  • Ziel: Entlastung einer Perikardtamponade und/ oder proximaler Aortenverschluss zur Blutungskontrolle.
  • Der Entschluss zur Durchführung muss innerhalb kürzester Zeit unter enormem Druck getroffen werden.
  • „4 E“ als Voraussetzung zur Durchführung: Expertise, Equipment, Environment, Elapsed Time.
  • Realitätsnahes Training („Train as you work“) für derartige Notfälle ist als Vorbereitung besonders relevant.

 

Clever statt kämpferisch, medizinisches Arbeiten strategisch platzieren

Michael MacLean (DEU)

Michael MacLean von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg betont mit seiner Analyse einer Messerattacke die Wichtigkeit des zielgruppenorientierten Trainings. Seine Aussage „Tun Sie Gutes und reden Sie darüber“ verdeutlichte zudem die Notwendigkeit, Daten zu sammeln, zu analysieren und am Ende auch zu veröffentlichen. So könne auf strategischer Ebene das Training für Verwundetenversorgung langfristig und nachhaltig noch besser gestaltet werden.

Key Messages

  • Ausbildung: „Kenne und akzeptiere deine Zielgruppe“.
  • Didaktische Reduktion: Manchmal ist weniger mehr.
  • Polizeiliches medizinisches Handeln ist heute bereits ein relevanter Faktor zur Lebensrettung (→ „Polizeiliche erste Hilfe“).
  • Daten generieren und nutzen: „Tun Sie Gutes und reden Sie darüber“.

 

Methoxyfluran – Take a Deep Breath and Blow the Pain Away“

Oberstabsarzt Sebastian Weber (DEU)

Oberstabsarzt Sebastian Weber vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm präsentierte die Anwendung von Methoxyfluran (Penthrox®) als schnell wirksames, inhalatives Notfallanalgetikum, das insbesondere bei akutem Trauma (NRS ≥ 4) eine patientengesteuerte, effektive und pragmatische Schmerzlinderung ermöglicht – ohne Gefäßzugang und mit geringem logistischem Aufwand. Methoxyfluran, ursprünglich als Inhalationsanästhetikum in den 1960er Jahren entwickelt, wird heute in niedriger Dosierung ausschließlich zur Analgesie eingesetzt. Es zeigt ein gutes Sicherheitsprofil, hat ein niedriges Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial, einen schnellen Wirkeintritt und eine schnelle Elimination. Die Anwendung ist unkompliziert, auch durch nicht-ärztliches Personal möglich, und erfordert keine besondere Ausrüstung oder Dokumentation. Es wurde erfolgreich in zahlreichen internationalen Studien und Einsatzbereichen geprüft – z. B. in Australien, Großbritannien, Frankreich, der NATO sowie in Bergrettung und polizeilichen Einsätzen (Abbildung 1).

Abb. 1: Die Anwendung von Methoxyfluran zur Analgesie ist sicher und einfach. (Bild: A. Weber)

Key Messages

  • Analgesie ist ein fundamentales Menschenrecht und wird häufig vernachlässigt.
  • Methoxyfluran ist ein SICHERES, SCHNELLES und EFFEKTIVES Schmerzmittel zur patientenkontrollierten Analgesie bei akuten traumaassoziierten, mittelstarken bis starken Schmerzen.
  • Methoxyfluran hat das Potenzial, die Schmerztherapie in der taktischen Medizin sinnvoll zu ergänzen/zu verbessern.

 

FAST, TALON oder EASY: Welcher intraössare Zugang ist optimal für medizinisches Einsatzpersonal der Polizei

Oberfeldarzt Dr. Christoph Eisner (DEU)

Oberfeldarzt Dr. Christoph Eisner vom Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz diskutierte in seinem Beitrag die verschiedenen auf dem Markt verfügbaren Geräte für einen intraossären Zugang.


 

Wenden wir MARCH richtig an? Hüfttrauma in einer taktischen Situation

Oberstabsarzt Dr. Simon Franz (DEU)

Oberstabsarzt Dr. Simon Franz vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm gab zum Ende des ersten Themenblocks einen kompakten Überblick über die präklinischen Behandlungsstrategien bei Beckentrauma und hob die Rolle der Beckenschlinge mit ihrer richtigen Anwendung als potenziell lebensrettende Maßnahme hervor (Abbildung 2).

Key Messages

  • Beckenverletzungen sind ein starker Hinweis auf ein schweres Trauma.
  • Hämodynamische Instabilität als Entscheidungshilfe zur Anlage einer Beckenschlinge als lebensrettende Maßnahme.
  • Wichtige Punkte bei Anlage der Beckenschlinge sind:
  • Innenrotation der Beine und Fixierung in dieser Stellung,
  • Richtige Positionierung der Schlinge über Trochanteres majores,
  • Möglichst 2-Helfer-Technik zur Anlage,
  • Re-Evaluation nach Anlage.
  • Technik der Beckenschlingenanlage sollte regelmäßig geübt werden.

Abb. 2: Die richtige Anwendung der Beckenschlinge ist bei schweren Beckentraumata potenziell lebensrettend. (Bild: S. Franz)

2. Session TEMS-Symposium

Im zweiten Themenblock wurde der Schwerpunkt auf die Definition und Bedeutung des Zonenkonzeptes für die Behörden bzw. organisationsübergreifende Zusammenarbeit bei besonderen Einsatzlagen gelegt.

13.02.2025 München – Warum Zonen kein Entweder-Oder sind

Michael Storz (DEU)

Michael Storz von der Berufsfeuerwehr München zeigte anhand der Amokfahrt in München am 13. Februar 2025, wie flexible Zonierung, enge Abstimmung mit der Polizei und bewusst pragmatischer Ressourceneinsatz eine schnelle Verwundetenversorgung auch ohne strukturierte Patientenablage ermöglicht haben.


 

Fallbericht: Brasilien - MASCAL unter Care Under Fire Bedingungen

Eder Prestes (BRA)

Eder Prestes, Medic bei der BOPE-Spezialeinheit der Militärpolizei von Rio de Janeiro (BRA), präsentierte anhand eines ausgedehnten Schusswaffenangriffs mit 13 Opfern die Herausforderungen während der Versorgungsphase „Care under Fire“ (Abbildung 3). Gleichzeitig plädierte er für einen Ausbau der Verfügbarkeit und Nutzung von Blutprodukten, für eine flächendeckende einheitliche Ausbildung in „Tactical Combat/Emergency Casualty Care“ und für die Optimierung der Kommunikation zwischen Behörden.

Abb. 3: Positionen der Verletzten und Schussfeld des Attentäters bei einem ausgedehnten Schusswaffenangriff in Rio de Janeiro (Bild: E. Prestes)


 

Aus Drei mach Vier: Inwieweit macht es einen Unterschied, wie viele Zonen definiert werden?

TREMA e. V. (DEU)

Zum Abschluss dieses Themenblocks stellte ein Vertreter des „Referats Einsatztaktik“ der Tactical Rescue & Emergency Medicine Association (TREMA e. V.) mit dem 4-Zonen-Modell ein erweitertes taktisches Zonenkonzept für behördenübergreifende Zusammenarbeit bei besonderen Einsatzlagen vor. Es zielt auf einfache Verständlichkeit, eindeutige Zuständigkeiten und universelle Einsetzbarkeit ab, so dass Schnittstellenprobleme zwischen Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr minimiert werden können (Abbildung 4).

Abb. 4: Das TREMA Vier-Zonen-Modell

3. Session TEMS-Symposium

Im dritten Themenblock wurde das Thema Zonenkonzept mit Fokus auf Triage mit einer anschließenden Podiumsdiskussion vertieft.

Sind wir schon so weit? Qualitätsindikatoren und wichtige Erkenntnisse aus Rettungseinsätzen bei Terroranschlägen“

Professor Dr. Thomas Wurmb (DEU)

Professor Dr. Thomas Wurmb vom Universitätsklinikum Würzburg eröffnete diesen Themenblock, indem er aufzeigte, dass viele Erkenntnisse aus zurückliegenden Terror- und Amoklagen zwar erarbeitet und dokumentiert („lessons identified“) wurden, aber nicht systematisch und konsequent umgesetzt werden („lessons learned“). Das theoretische Wissen ist vorhanden, aber Umsetzung, Übung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit würden noch hinterherhinken. Auch hier wurde wieder deutlich, dass Zonenkonzepte überdacht und Triage einfach gehalten werden müssen.

Key Messages

  • Sichtung muss einfach sein und darf die gerichtete Transportkette nicht behindern.
  • Patientenfluss ist wichtiger als die individuelle Behandlung.
  • „Die Rettung möglichst vieler gelingt, wenn das Töten gestoppt, das Sterben verhindert und der Patientenfluss gegenüber der individuellen Behandlung priorisiert wird“.

 

Triage-Systeme: Was funktioniert, wenn Taktik eine Rolle spielt?

Dr. Andreas Bayer (DEU)

Dr. Andreas Bayer vom Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement in München analysierte die Einflussfaktoren auf den Sichtungsprozess (Triage) bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen (LbEL). Anhand verschiedener realer Fallbeispiele wurde dabei deutlich, dass klassische Sichtungsalgorithmen, z. B. STaRT (Simple Triage and Rapid Treatment) oder SALT (sort, assess, life-saving interventions, treatment and/or transport), sowohl im zivilen Rettungsdienst als auch im militärischen Bereich nur selten angewendet würden – es dominiere eine intuitive Entscheidungsfindung. Er stellte mit dem „Ten Second Triage (TST) Tool“ einen neuartigen, in Großbritannien bereits etablierten und validierten Vorsichtungsalgorithmus vor, der diese intuitive Anwendbarkeit aufgreift, sich an der MARCH-Struktur orientiert und lebensrettende Sofortmaßnahmen integriert.

Key Messages

  • Intuitive Entscheidungsfindung dominiert bei Triage – besonders wenn (polizeiliche) Taktik eine Rolle spielt (→ LbEL).
  • Vorsichtungsalgorithmen müssen „situationselastisch“ sein, d. h. lage- und ressourcenabhängig skalierbar.
  • Lebensrettende Sofortmaßnahmen müssen Bestandteil von Vorsichtungsalgorithmen sein.
  • Das „Ten Second Triage (TST) Tool“ könnte dieser Vorsichtsalgorithmus sein.

 

Zonen und Triage: Schlüssel zum MASCAL-Management unabhängig von der Taktik“

Dr. Claire Park (UK)

Dr. Claire Park, tätig für die London’s Air Ambulance Charity und das King’s College Hospital in London, konnte nahtlos an den vorangegangenen Vortrag anknüpfen, denn sie hat zusammen mit ihrem Forschungsteam TST entwickelt. Deshalb konnte sie gleich mehrere Fragen dazu beantworten und weitere Details liefern. In ihrem Beitrag analysierte sie anhand realer Anschläge in London und Manchester, warum der Begriff „hot zone“ ­lebensrettende Maßnahmen verzögere („therapeutic vacuum“), und präsentierte pragmatische Verbesserungsvorschläge, u. a. TST als Vorsichtungsalgorithmus. Darüber hinaus konnte sie zeigen, wie der Patientenfluss in sog. „hot zones“ bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen beschleunigt werden kann, um in Zukunft die Überlebensraten („no preventable deaths“) weiter zu steigern.

Key Messages

  • Der Begriff „Hot Zone“ verzögert medizinisches Handeln.
  • Zeit ist Leben: „The Death Clock“ muss gestoppt werden, insbesondere bei „überlebbaren“ Verletzungen (dazu zählen insbesondere Hämorrhagie und Atemwegsverlegung).
  • Lebensrettende Sofortmaßnahmen so früh wie möglich durch Polizei und/ oder zivile Beteiligte.
  • Integrierte Teams aus Polizeikräften und medizinischem Personal als mögliches Konzept.
  • Es müssen behördenübergreifende gemeinsame mentale Modelle geschaffen werden z. B. durch gemeinsame Übungen und Trainings.
  • Das Ten Second Triage (TST) Tool ermöglicht schnelle Triage und Evakuierungsentscheidungen.
  • Daten- und Forschungslücken: mehr gemeinsame (forensische, medizinische und polizeiliche) Datenanalyse notwendig („multi-agency data“).

4.Session – TEMS-Symposium

Der vierte Themenblock war maßgeblich von Vorträgen zum Umgang mit chemischen (C), biologischen (B), radiologischen (R) und nuklearen (N) Bedrohungslagen (CBRN) geprägt.

„Over the Counter“ – realistische Bedrohungsanalyse zur chemischen Gefahr

Helen Schwan (DEU)

Helen Schwan, Feuerwehrfrau und Fachberaterin ABC, warnte vor realen Gefahren durch frei verfügbare („over the counter“) Chemikalien in Drogen- und/oder Terrorlaboren und gab praxisnahe Hinweise für Einsatzkräfte, insbesondere zur Erkennung, Absicherung und Dekontamination.

Key Messages

  • Alltagsstoffe, Laborchemikalien und sogar Haushaltsprodukte können zur chemischen Bedrohung werden.
  • GAMS-Regel bei Einsätzen mit (chemischen) Gefahrstoffen
  • Gefahr erkennen,
  • Absichern und Absperren,
  • Menschen retten,
  • Spezialkräfte alarmieren.

 

Vorbereitung und Bewältigung von bioterroristischen Lagen durch den öffentlichen Gesundheitsdienst

Daniel Lauer (DEU)

Daniel Lauer vom Robert-Koch-Institut (RKI) stellte am Beispiel des Rizin-Anschlagsversuchs in Köln 2018 die Rolle des RKI als Einrichtung des öffentlichen Gesundheitswesens bei bioterroristischen Bedrohungslagen vor. Er betonte die Relevanz koordinierter behördenübergreifender Einsatzstrukturen und die Bedeutung frühzeitiger Risikoanalysen. Bioterroristische Einsatzlagen seien nur in enger Kooperation zu bewältigen.

Key Messages

  • Bioterroristische Angriffe sind realistische Bedrohungslagen.
  • Effektive „Multi-Agency-Koordination“ (Ersthelfer, Sicherheitskräfte und öffentliches Gesundheitswesen) ist auf allen (taktisch, strategisch und operativ) Ebenen zur Bewältigung essenziell.
  • Öffentliche Gesundheitsbehörden müssen frühzeitig eingebunden werden und sind verantwortlich bei bioterroristischen Angriffen.

 

CBRN-Fähigkeiten und Fertigkeiten: Welches medizinische Ausbildungslevel macht Sinn für Polizei-Einheiten? – Ein Diskussionsvorschlag

Polizei Baden-Württemberg (DEU)

Ein Vertreter der Polizei Baden-Württemberg diskutierte die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes für den CBRN-Schutz innerhalb polizeilicher Strukturen (CBRN ist die Abkürzung für chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren). Technischer und medizinischer CBRN-Schutz seien nicht getrennt voneinander zu betrachten und müssten in das taktische Gesamtkonzept der Polizei integriert sein. Besonders relevante Bereiche, die für den CBRN-Schutz hervorgehoben wurden, waren: persönliche Schutzausrüstung, Detektion und Dekontamination der Gefahrstoffe sowie Diagnostik, Therapie und Start der Rettungskette im Kontaminationsfall. Auch dieser Beitrag demonstrierte die Wichtigkeit von behördenübergreifender Zusammenarbeit, denn effektiver und konsequenter CBRN-Schutz sei ohne das zivile Gesundheitssystem nicht zu leisten.


 

Exertional Heat Stroke – Too Hot to Handle?

Dr. Andrea Schirner (DEU)

Dr. Andrea Schirner beleuchtete mit dem sog. „anstrengungsbedingten Hitzschlag“ (engl. „exertional heat stroke“) einen hochakuten hitzebedingten Notfall, der unter hoher körperlicher Belastung, etwa im Sport oder dienstlichen Einsatz, auftreten kann. Man spricht davon ab einer Körperkerntemperatur (KKT) von über 40,5°C und neurologischen Ausfallserscheinungen (z. B. Verwirrtheit, Krampfanfälle, Bewusstlosigkeit) infolge von Hitzebelastung mit oder ohne körperliche Anstrengung. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Notfall, der ohne Therapie mit einer Sterblichkeit von 80 % einhergeht. Er betrifft vor allem eher junge, gesunde und körperlich aktive Personen, z. B. Athleten, Militärs, Polizist: innen. Dr. Schirner empfiehlt für die Versorgung in diesen Fällen „cool first, transport second“ (coldwater immersion mit einer Kühlrate von -0,15 °C/ min) als Handlungsmaxime. Sie zeigte dazu praxistaugliche Kühlmethoden wie die „TACO“- (tarp-assisted cooling) oder Body-Bag-Methode und entlarvte verbreitete Fehlannahmen im Umgang mit „exertional heat stroke“.

Key Messages

  • Der anstrengungsbedingte Hitzschlag (engl. „exertional heat stroke“) ist kein triviales Ereignis, sondern ein lebensbedrohlicher Notfall.
  • Goldstandard der Therapie: „Cool first, transport second“.
  • Kaltwasserimmersion (CWI) ist die effektivste Kühlmethode; Ziel: KKT 38,6 °C oder wenn eine Kühlzeit von 10 Minuten erreicht ist.

 

Wenn die längsten Sekunden nie enden – ­Erregungsdelir und TASER

Dr. Boris Singler (DEU)

Dr. Boris Singler, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes Nürnberg, beleuchtete an einem realen Fallbeispiel die Komplexität des sog. „Excited Delirium Syndrome (EDS)“. Es handelt sich dabei um einen (noch) nicht offiziell anerkannten, aber in der forensischen und notfallmedizinischen Literatur beschriebenen Erregungs-/Ausnahmezustand. Diese Notfalleinsätze, oft in Kombination mit Drogenkonsum und/oder psychiatrischen Vorerkrankungen bei den Patienten, gingen auch häufig mit Polizeibeteiligung einher. Die enge Absprache und Kooperation zwischen Rettungsdienst und Polizei könnten in diesen Fällen die entscheidende „lebensrettende“ Voraussetzung sein, um eine schnelle und sichere medikamentöse Sedierung der Patienten zu ermöglichen. Häufig komme es bei diesen Notfällen auch zu einem Einsatz von Elektroschockpistolen. Es gebe aber keinen Hinweis dafür, dass diese auch das EDS auslösten, vielmehr handele es sich um eine Koinzidenz.

Key Messages

  • Excited Delirium Syndrome (EDS) ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der häufig mit einem plötzlichen Versterben im Rahmen einer Strafverfolgung (Polizeibeteiligung) auftritt.
  • EDS ist assoziiert mit Drogenkonsum und/ oder psychiatrischen Vorerkrankungen der Patienten.
  • Der Einsatz von Elektroschockpistolen ist in diesen Fällen nicht als Todesursache bestätigt.
  • Es gibt keine validierten Therapieempfehlungen. Symptomtherapie, insbesondere die schnelle und sichere Sedierung, steht im Vordergrund.

 

Fazit

Die vorgestellten Beiträge haben eine gemeinsame Botschaft: Taktische Medizin ist mehr als nur ein starrer Algorithmus. Sie verlangt nämlich adaptive Strategien, interdisziplinäre Zusammenarbeit und mutige Entscheidungen vor Ort. Die vorgestellten Analysen, Konzepte und Fallberichte lieferten wertvolle Impulse für Ausbildung, Ausrüstung und Weiterentwicklung – und zeigten eindrucksvoll, dass lebensrettende Medizin unter Ex­trembedingungen in Gefahrenbereichen möglich ist, wenn sie taktisch gedacht wird.

Das TEMS-Symposium 2025 hat wieder nachhaltig bewiesen: Das Ziel der Combat Medical Care Conference, die Versorgung von Verwundeten durch den Austausch von Wissen, den Aufbau von Netzwerken und die Stärkung von Partnerschaften im Bereich der taktischen Medizin stetig voranzutreiben, kennt keine Grenzen zwischen Behörden und Organisationen.

Diesen behördenübergreifenden Austausch wird es auch bei der nächsten Combat Medical Care Conference „across borders – beyond limits“ am 7./8. Juli 2027 geben.

Save the date!

 

Für die Verfasser

Oberstabsarzt Sebastian Weber
Department für Anästhesie, Intensiv-, Notfallmedizin und Schmerztherapie
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm
E-Mail: sebastian1weber@icloud.com

 
 
 
 
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Redaktion: Generalarzt a. D. Prof. Dr. med. Horst Peter Becker, MBA, Scharnhorststr. 4b, D-10115 Berlin, Mobil +49 171 215 0901, E-Mail: hpbecker@beta-publishing.com 

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